Entmietung, aggressive Ratten und Corona
Mit seinem 10. Fall ermittelt Privatdetektiv und Ex-Bulle Dengler im Berliner Immobiliensumpf. Von einer Bekannten seiner Freundin zu Hilfe gerufen, reist er nach Berlin um herauszufinden, wer eine Horde auf Aggressivität gezüchtete Ratten in deren Mietshaus ausgesetzt hat. Naheliegend wäre der an Profitmaximierung orientierte Vermieter Kröger, der seinerseits aber seine Unschuld beteuert, dabei gehören nächtliche Anrufe und maximale Mieterhöhungen doch zu seinem Standardprogramm. Nebenbei breitet sich das Corona-Virus in Deutschland aus und Dengler erkennt seinen alten Freund Martin Klein kaum noch wieder…
Wolfgang Schorlau hat hier einen politischen Krimi vorgelegt, der erschütternd real ist. Gerade in Berlin, dem Schauplatz des Buches, haben sich die Mietpreise in den letzten 20 Jahren rasant entwickelt und Investoren sind wenig zimperlich, wenn es um Entmietung und Sanierung geht. Dass man Mietern im Winter einfach mal die Fenster ausbaut, um das Wohnen zu erschweren und Leute zu zermürben, scheint durchaus vorzukommen. Dass die Coronapandemie hier auch zum Thema wird macht das Buch hochaktuell. Die schnellen Ortswechsel machen die Geschichte spannend, der Leser behält aber zu jeder Zeit den Überblick.
Kreuzbergblues hat mir sehr, sehr gut gefallen. Dengler ist ein sympathischer Typ; an seiner Seite hat er eine toughe Frau, die die Ermittlungen auf unkonventionelle Art unterstützt. Gerade weil die Themen in ihrer Brisanz gesellschaftsrelevant sind, ist das neue Buch von Wolfgang Schorlau absolut empfehlenswert. Wem diese Art von Krimi gefällt, der sollte auch Hannes Nygaard „Unter Dunklen Wolken“ einmal in Betracht ziehen.
Wolfgang Schorlau: „Kreuzbergblues“, Kiepenheuer & Witsch, ISBN 978-3-462-00079-5, erscheint am 05.11.2020, 413 S., 22 Euro
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