Auf Schnitzeljagd mit Bjørn Beltø

Die Figur des Bjørn Beltø ist mit viel Liebe zum Detail ausgestaltet. Der norwegische Archäologe, der sein Büro als Höhle, als Rückzugsort sieht. Der Historiker, der trotz mehrerer Aufenthalte in psychiatrischen Kliniken sein Leben meistert. Ein Archäologe, der so hartnäckig nach Details forscht, dass er wie ein Detektiv Muster findet, wo andere nur Chaos sehen. Ein norwegischer Indiana Jones, nur diesmal als schmächtiger, aber liebenswerter nordischer Albino, nicht als braungebrannter Harrison Ford.

„Streng genommen habe ich kein Privatleben, über das es sich zu reden lohnt“ – so kommentiert Bjørn Beltø sein Leben in Tom Egelands neuestem Thriller. Beltø ist kein Ermittler oder gar Polizist, zumindest nicht von Berufs wegen. Er ist Historiker, Privatdozent und Archäologe im Oslo der Gegenwart. Allerdings schlittert er in eine Verschwörung biblischen Ausmaßes und liefert eine äußerst spannende Jagd nach einem entführten Kollegen. Historische Dokumente führen ihn dabei wie bei einer Schnitzeljagd quer durch Frankreich und Italien, vor allem durch Florenz.

So unspektakulär wie sein Privatleben ist, so sieht Bjørn Beltø sich selbst, als Außenseiter und Exot. Das tut der Spannung keinen Abbruch, im Gegenteil. Der Protagonist Beltø führt äußerst plastisch und empathisch durch den neuesten Band der Reihe. Der Band ist wie gewohnt voll historischer Details, diesmal über Machiavelli, Michelangelo und die Medici. Wer sich dafür sehr interessiert, wird die fast 600 Seiten komplett lesen. Wem die packende Story des Kriminalfalles reicht, der wird die geschichtlichen Schilderungen eher quer lesen und trotzdem mit einem starken Stoff belohnt.

Zur Person: Tom Egeland (geboren 1959 in Oslo) ist ein norwegischer Autor und Journalist. Er arbeitete zunächst für die Männerzeitschrift Vi Menn und für Aftenposten, von 1992 bis 2006 als Redaktions- und Nachrichtenchef in der Oslo-Redaktion des Senders TV 2. Seitdem ist er freier Autor. Seine Bücher wurden in 18 Sprachen übersetzt. Egeland debütierte 1988 mit dem Horror-
Roman Stien mot fortiden (dt. Der Pfad zur Vergangenheit) über ein modernes Paar, das in der Wikingerzeit gefangen wird. Der Durchbruch kam mit Sirkelens ende (dt. Frevel, Goldmann 2006), über den Fund eines Goldschreins, der ein 2000 Jahre altes Manuskript enthält, das unser Verständnis von Jesus und dem Christentum grundlegend ändern sollte. Seinen Roman Ulvenatten von 2005 (dt. Wolfsnacht, Goldmann 2007) hat Kjell Sundvall 2008 verfilmt. Im Jahr danach bekam Egeland den Riverton-Preis für das Buch Lucifers evangelium als besten Kriminalroman jenes Jahres.

Tom Egeland:
Das Nostradamus-
Testament. Thriller.
Goldmann, München

  1. 576 Seiten,
    9,99 Euro, als
    e-Book 8,99 Euro.
    Aus dem Norwegischen
    von Maike
    Dörries und Günther
    Frauenlob.
    2013 erschienen
    unter „Nostradamus‘
    Testamente“
    bei Aschehoug in
    Oslo.

Ähnliche Beiträge

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert