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Auswandererglück auf den Faröer-Inseln

…wie eine Boulevard-Journalistin auszog, um das Glück zu finden

Manchmal sind es nur ganz kleine Zufälle bzw. Weggabelungen, die dafür sorgen, dass unser Leben sich in der ein oder anderen Art drastisch verändert. So muss es auch Anja Mazuhn und ihrem Mann gegangen sein, als sie eines Abends in ihrer Wohnung saßen und bei einem Glas Wein eine Reisereportage über die Faröer Inseln anschauten. Spontan begeistert buchten sie für das kommende Wochenende eine Kurzreise – und verliebten sich Hals über Kopf in die schroffen Inseln irgendwo zwischen Island, Schottland und Norwegen mitten im Atlantik. Wieder Zuhause angekommen ließen sie die Gedanken an die Faröer nicht los und so suchten sie sich eine Immobilie mit Meerblick, die fortan als Zweitwohnsitz dienen sollte.

Von der Story her bin ich davon sehr beeindruckt. Mazuhn schildert ihr neues Leben wie ein nie enden wollendes Achtsamkeitsseminar. In einer Welt, in der die Uhr komplett anders tickt, nimmt man auch komplett anders wahr. Die große Liebe zu den Inseln und deren Einwohner kommt beim Leser an. Man erfährt jede Menge über die Natur und durch die Natur beeinflusste Gepflogenheiten, jedoch erfährt man wenig darüber, wer die Autorin eigentlich ist. Warum ist sie offenbar in gewisser Weise ihres stressigen Lebens im Boulevardjournalismus überdrüssig und zieht sich zurück in ein Land, in dem man kaum kulturellen Input hat? Was sagen Familie und Freunde dazu? Eine Anekdote dreht sich um Besuch aus der Heimat. Als sie eines Tages Besuch aus Deutschland hat und der Gast ihre Empfehlung, Gummistiefel zu tragen, ausschlägt, ist sie empört. Die Dame, die ihre Lacklederstiefellette dem Gummistiefel vorzieht und lieber Krimis liest, als sich an der Natur zu ergötzen, kommt nicht gut weg. Die Freundschaft scheint jedenfalls den erschwerten Bedingungen nicht Stand zu halten.

Anja Mazuhn: Meine wilden Inseln, Malik-Verlag, 18 Euro, ISBN 978-3-89029-558-9

Mazuhn klärt vor allem über Naturphänomene auf. Lebt Granat 50 oder 150m unter dem Meeresspiegel? Welche Moose, Flechten und andere Gewächse gibt es in einem Land, in dem wenig wächst?

Lustig ist die Geschichte mit dem Tannenbaum, bei dem alle Einwohner beten, dass er dem ständig rauschenden Wind widerstehen möge. Überhaupt ist Wind und Sturm ein großes Thema. Offenbar ist angeraten, ab einer gewissen Windgeschwindigkeit nicht mehr Auto zu fahren, bzw. ein Bett im Erdgeschoß zu beziehen, falls mal das Dach weggeweht wird… Das muss man wirklich mögen!

Alles in allem hätte ich als Leserin gerne mehr über die Autorin erfahren. Obwohl sie ja beschreibt, was sie den ganzen Tag so macht, bleibt es an der Oberfläche, weil wenig rüberkommt, was sie den ganzen Tag so fühlt. Die Fotos in der Mitte des Buches geben einen Einblick in die Natur der Faröer Inseln, die Schafe sind Hauptbewohner erst danach kommen die Menschen. Man ist den Naturgewalten ausgesetzt, d.h. auch Verabredungen werden immer mit dem Vorbehalt des Windes und des Wetters getroffen. Das Buch ist kein Reiseführer, beschreibt aber die Gepflogenheiten auf den Faröer Inseln. Es gibt einen interessanten Einblick in einen Lebensraum, der mir bisher unbekannt gewesen ist. Für einen Kurztrip auf die Faröer Inseln könnte ich mich nach der Lektüre durchaus begeistern!

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